Gesehen hatte der Autor dieser Zeilen den freundlichen älteren Herrn bei seinen Besuchen im hiesigen Staatsarchiv schon, allein dessen Beitrag in einem Heimatkurier des Jahres 1992 unter dem Titel „Eine alte schöne Sitte im Altenburger Land“, in dem es um Dorfzimmerleute und Hausinschriften ging, und die darauf folgenden Gespräche dazu brachten mir seine persönliche Bekannt- und Freundschaft.
Am 21. Juli 2001 verstarb 79jährig der vor allem durch seine historischen Beiträge zu Wintersdorf, Gröba und Umgebung hier auf der Heimatgeschichte-Seite bekannte Heimatforscher Hans-Joachim Müller. Er war am 24. Juni 1922 in Leipzig-Volkmarsdorf geboren worden und ab Ostern 1929 ging er in Wintersdorf zur Schule, weil die Familie in das Gärtnergut seiner Großeltern auf dem Gröbaer Angerberg eingezogen war. Nach Volksschule und Lehre in der Wintersdorfer Gemeindeverwaltung wird er 1939 dort als Angestellter übernommen. 1941 muß er in den Krieg, aus welchem er erst 1947 zurückkehrt. Er heiratet in selben Jahr und zieht 1948 nach Gröba in das Haus seiner Eltern. Es folgen die Jahre der Arbeit in der Braunkohle, ab 1952 ist er in der Verwaltung des Braunkohlenwerkes Rositz tätig. Mit Abendschul-Qualifikation und Abendschulstudium schafft er es dort zum Ingenieur-Ökonom. Bis zum Eintritt ins Rentenalter und dem damit verbundenen Beginn intensiver Forschungen zur Heimatgeschichte, vor allem nach dem Umzug nach Altenburg, bleiben Hans-Joachim Müller noch Jahre glücklichen Familienlebens, dem Schaffen an Haus und Hof in Gröba, und dann bereits als Rentner der Genuss der ersten Opafreuden.
Schon Jahre vor der Wende hat Hans-Joachim Müller Familien- und Heimatforschung betrieben, als junger Mensch hatte er noch vor dem Krieg bei der Gesellschaft für Familienforschung den bekannten Altenburger Familienforscher Paul Leidner kennen gelernt. Nach dem Krieg wurde er dann mit dem Archivar Walter Grünert und dem Heimatforscher Kuno Apel bekannt. 1956 erscheint seine erste große heimatgeschichtliche Arbeit, die „Chronik von Ruppersdorf“, ein Dorf, welches durch den Braunkohlenabbau devastiert worden ist. Dazu hatten ihn seine Nachforschungen seit 1955 vor allem ins Sächsische Staatsarchiv nach Dresden geführt. Für die damals noch übliche und beliebte Betriebszeitung verfasste er in den folgenden Jahren eine ungezählte Reihe kleiner heimatgeschichtlicher Arttikel. Und dann nach der Wende nutzte er genau wie viele andere ehrenamtliche Heimatforscher die Gunst der Stunde mit der Pressefreiheit und dem enorm gewachsenen Interesse an der Heimatgeschichte, in neuen ebenso wie in althergebrachten, aber mit neuen Inhalten versehenen Presseerzeugnisssen mit seinen Beiträgen den Menschen des Altenburger Landes zumindest ein Stück Vergangenheit nahe zu bringen. Geschickt verband er die Geschichte seiner Vorfahren mit der Geschichte der Dörfer rings um Wintersdorf, von Vorteil war für ihn die genaue Ortskenntnis und seine umfangreiche private Fotosammlung. Stets betrachtete er die Historie eines Ortes im Zusammenhang mit der Geschichte des Altenburger Landes, so dass die betrachteten Fakten ein abgerundetes Bild ergaben, trotzdem streitbar, durchaus Widerspruch hervorrufend, diskutierbar und auch mutig Neuland betretend waren. Der Autor des Beitrags hat sich gern der kleinen Mühe unterzogen, an Hand der gesammelten Zeitungsausschnitte das publizierte Werk Hans-Joachim Müllers zu sichten: Begonnen hat alles 1990 mit der Reihe „Diesseits und jenseits der Schnauder“ im „Altenburger Wochenblatt“ mit immerhin 12 Beiträgen zu verschiedenen Themen aus der Geschichte von Wintersdorf und Gröba. Noch 1990 wurde sein erster Beitrag „Landschaft an der Schnauder – zwischen Luckaer Forst und Kammerforst“ im „Heimatkurier“ der OVZ veröffentlicht und bis zu seinem letzten Artikel am 3. Juli 2001 waren daraus 88 heimatgeschichtliche Beiträge geworden, davon die meisten zu Wintersdorf, wohl ein eigenes Buch füllend. Gröba, Heukendorf, Ruppersdorf, Bosengröba, Pflichtendorf, aber auch Lehma, Neubraunshain, Zschernitzsch und Dobitschen sind weitere Orte, in deren Geschichte wir Hans-Joachim Müller folgen konnten. Neben den eigenen Vorfahren, die durchaus als repräsentativ für das Altenburger Land gelten können, befasste er sich recht intensiv auch mit der für die Stadt Altenburg bedeutenden Familie Reichenbach.
Sein Andenken zu bewahren ist sicher nicht nur das von Herzen kommende Anliegen des Autors, sondern gleichsam Verpflichtung für uns nachfolgende Generation von Heimatforschern.
Quellennachweis beim Autor.
Andreas Klöppel (Mai 2017)